Nach meinem ersten Besuch in der Arunachala Village School anfangs 2019, war für mich klar, dass mich diese Institution noch länger begleiten wird. Mitte 2019 kam meine neue Funktion als Vorstandsmitglied des Vereins AVS Schweiz dazu und gleichzeitig war ich auf der Suche nach einem Thema für meine Masterarbeit. Also beschloss ich, für eine Feldforschungsstudie zurück nach Indien zu reisen, mit dem Ziel, herauszufinden wie die Kinder von der indischen Musik geprägt sind und wie, beziehungsweise wo, die Jugendlichen Musik konsumieren im Vergleich zu Gleichaltrigen in der Schweiz.

Nach einer 2-wöchigen Rucksackreise durch Kerala in Südindien, bin ich nach einer 20-stündigen Reise mit Taxi, Bus und Zug in Tiruvannamalai angekommen und wurde an der AVS von allen herzlich begrüsst.

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Musikunterricht

Mit einem neuen Schlagzeug als kleines Geschenk für die Schule, startete ich dann mit meinem Musikunterricht. Meine Tage waren mit insgesamt 6 Klassen, die ich je zweimal pro Woche unterrichtete, sowie zwei Schülern von der Government Schule, die Privatlektionen besuchten, ziemlich durchgeplant. Doch die Neugierde, die Lernbereitschaft und das Lachen der Kinder bewirkten, dass die teilweise sehr langen Unterrichtstage im Nu vorüber gingen.

Um den Musikunterricht an der AVS noch möglichst lang erhalten zu lassen, zeigte ich den Lehrerinnen wie sie meinen Unterricht weiterführen können.

Die zeitliche Planung der einzelnen Lektionen war nicht immer einfach. Die Government Kids kamen meistens zu Zeiten, die wir nicht abgemacht hatten und die Klassenlehrerinnen wussten teilweise nichts mehr von den am vorherigen Tag vereinbarten Lektionen.

Zusätzlich für meine Thesis befragte ich Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren. Dafür ging ich jeweils in die Governmentschools in der Nähe der AVS. Eine zeitintensive Erfahrung, die mir in Erinnerung bleiben wird und ich mir einfacher vorgestellt hatte.

Obwohl der Fragebogen auf Tamil und Englisch geschrieben war und eine Lehrerin der AVS mich in die Governmentklassen begleitete, um bei Unklarheiten zu helfen, mussten wir jeweils jede einzelne Frage durchgehen und besprechen. Die eher unmotiviert und uninteressiert wirkenden Governmentlehrerinnen fragten mich währenddessen aus, woher ich komme und welche Religion ich habe. Zu meinem Befremden beobachtete ich, wie die Schüler von den Lehrerinnen teilweise sehr grob behandelt wurden und jeweils 40-50 Schüler geschlechtergetrennt in kleinen Klassenzimmern sitzen mussten – ein für uns ungewohntes Bild.

Solche Erlebnisse öffneten mir die Augen in Bezug auf die pädagogische Haltung der AVS, die eine Art ‘Game Changing‘ Schule in Indien ist. Das engagierte Team der Lehrpersonen an der AVS wirkt glücklich und motiviert. Die Kindergartenschüler beginnen jeden Tag damit, dass sie Pflanzen umarmen und mit ihnen sprechen. Die Primarschüler sitzen, kaum ist die Schule fertig, vor die Schulzimmer und erledigen zusammen mit den Lehrerinnen ihre Hausaufgaben oder repetieren das Gelernte. Für die Schülerinnen und Schüler an der AVS gibt es stets genügend Trinkwasser, was sehr wichtig für die Gesundheit der Kinder ist. Seit neustem dürfen auch die Governmentschüler von nebenan dieses Angebot nutzen, da ihnen in der Governmentschool kein Wasser zur Verfügung gestellt wird.

Pongal Festival

In der zweiten Woche fand das Pongal Festival statt, eine Art Erntedankfest, welches wir am Montag in der Schule mit verschiedenen Performances der Schülerinnen und Schüler, einem feinen Essen, sowie einem Malwettbewerb feierten. Darauf folgten 3 Tage schulfrei, während denen die Kinder das Pongal Festival zu Hause feierten.

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Sarasvathi Children‘s Village & Ausbildungssupport

Seit der Schliessung des Kinderdorfes anfangs 2019, steht das AVS Team in engem Kontakt mit den Mädchen und den Eltern des ehemaligen Kinderdorfes. Monatlich treffen sich die Mädchen in der Schule um den Kontakt weiterhin zu pflegen. An meinem zweitletzten Samstag durfte auch ich an diesem Treffen teilnehmen. Es haben sich alle bei mir vorgestellt, es gab feines Essen und wir spielten Spiele. Madhan hat mit allen Mädchen einzeln gesprochen und mit denen, die zurzeit schwierige Situationen in der Schule oder zuhause erleben, nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht. Dabei war es sehr schön zu sehen, wie die Kinder und Jugendlichen ein enormes Vertrauen zu Madhan haben.

Schul- und Hausbesuche ehemaliger Kinder aus dem Children‘s Village

Während meines Aufenthaltes hatte ich die Möglichkeit ehemalige Mädchen des Sarasvathi Children‘s Village, die ich von meinem ersten Besuch in Indien kannte, zu besuchen.

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Manjula (11 Jahre alt), eines der Mädchen vom Kinderdorf, habe ich zusammen mit Giri in ihrem Zuhause besucht. Sie wohnt zusammen mit ihrer Grossmutter, dem Onkel und der Schwester in einem kleinen und einfachen Haus, circa 20 Minuten von der Arunachala Village School entfernt. Seit letztem Jahr geht sie in eine neue Schule in der Nähe von ihrem Zuhause und wird immer noch unterstützt von der AVS. Ihre beiden Schwestern sind 14 und 16 Jahre alt und bereits verheiratet. Damit wir Manjulas Zukunft sichern können, werden wir sie für das kommende Schuljahr in ein Internat in Chennai schicken.

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An meinem zweitletzten Tag in Indien besuchte ich noch Jamuna und ihre Schwester Hemavathi. Sie ist bei den letzten zwei Kinderdorf-Treffen nicht aufgetaucht und war auch telefonisch nicht erreichbar. Zusammen mit Suba (sie arbeitet im Büro der AVS) überraschte ich die beiden in der Schule. Danach holten wir den Grossvater von der Arbeit auf dem Reisfeld ab und gingen zu ihnen nach Hause. Sie leben seit der Schliessung des Kinderdorfes mit ihren Grosseltern zusammen. Freudig zeigten sie mir ihr kleines Zuhause. Auf dem Bild sieht man die beiden stolz mit den Geschenken, die ich ihnen mitgebracht habe.

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Die fünf Teenager auf dem Bild gehen in das ’Idhava College for Women’. Nach einem kurzen Gespräch mit der Schulleiterin dieses Colleges, hatte ich das Gefühl, dass die Mädchen an dieser Schule gut aufgehoben sind. Das Spezielle an diesem College ist, dass es nicht nur von über 1000 weiblichen Studentinnen besucht wird, sondern auch alle Lehrerinnen Frauen sind.

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Madhan

Madhan, der Schulleiter der AVS war in den letzten zwei Januarwochen vorallem mit der grossen Säuberung des heiligen Berges Paravathamalai beschäftigt gewesen. Er hat in enger Zusammenarbeit mit dem District Collector an einem Wochenende mit über 1000 Volunteers den Berg am Rande der Jawadhu Hills vom Abfall befreit. Mit solchen Aktionen, sowie der Zusammenarbeit mit dem District Collector und verschiedenen Regierungsministerien, macht sich Madhan und sein Team einen guten Ruf und wird in der Bevölkerung bekannt und geschätzt.

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Abschied

Nach 4 Wochen in der Arunachala Village School versammelten sich alle Kinder in der Ramana Hall zum Abschied. So herzlich wie ich willkommen geheissen wurde, so herzlich wurde ich verabschiedet. Die Kinder übergaben mir ihre Abschiedsgeschenke und als die Kinder teilweise weinten, versprach ich ihnen, bald wieder zurückzukommen. In den abschliessenden Gesprächen mit Madhan und Giri kam die Idee auf, ein Musikzimmer einzurichten, damit die Kinder jederzeit die Möglichkeit haben zu musizieren. Vollgepackt mit sehr prägenden Erfahrungen reiste ich, nach einem kurzen Abstecher nach Indonesien, wieder in die Schweiz zurück.

Zum 2. Mal als Volunteer an der AVS