Erste Eindrücke von der Arunachala Village School

Ich war vom ersten Moment an überwältigt von der vielen, positiven Energie und der Leidenschaft mit welcher diese Schule geführt wird. Gestartet hat unser Besuch mit einer festlichen Begrüssung durch die Kinder: sie schmückten uns mit Blumenketten und bemalten uns mit dem Stirn-Chakra (Ajna Shakra genannt).

Dass dem Projektleiter Madhan und seinem Team die Kinder am Herzen liegen, wird einem nicht nur durch die Gespräche mit ihm bewusst, sondern ist auch im Umgang mit den Kindern spürbar. Diese Wertschätzung ist auch in der Schulphilosophie ersichtlich. Jedes Kind pflanzt bei Schuleintritt einen Baum, dieser soll symbolisch mit ihm in seiner Schulzeit wachsen

Die Sicht auf das Kind und das Verständnis frühkindlicher Bildung ist fortschrittlich. Den Lehrerinnen ist bewusst, dass Kinder durch Sicherheit, verlässliche Bindung, Autonomie und Partizipation am besten lernen. Sie werden von den Kindern mit Akka (grosse Schwester) angesprochen.

Das Angebot, welches die Kinder selbständig nutzen können ist riesig. Es gibt eine Bibliothek, in welcher gearbeitet wird oder Bücher ausgeliehen werden können. Inmitten des Schulgeländes steht ein kleiner selbstgebauter Shop namens „Honest Shop“. Dort beziehen die Kinder für 5 Rupien (ca. 0.05 CHF) einen Bleistift, Radiergummi oder Lineal.

Die Kinder werden in ihren individuellen Charakterzügen und Ressourcen wahrgenommen. So sind einige Kinder am Schreiben, während andere ihren Bewegungsdrang beim Tanzen stillen.

Auch die partnerschaftliche Elternarbeit ist lobenswert. Die Werke der Kinder werden fortlaufend präsentiert und Fortschritte für Kinder ersichtlich gemacht. So befindet sich zum Beispiel vor dem Kindergarten ein gedeckter Wartebereich mit einem Tisch für die Eltern. Es ist ein grosser Glastisch, unter welchem Zeichnungen und Basteleien der Kinder präsentiert werden.

Für die Primarschüler gibt es eine Vitrine neben der Bibliothek, welche die Werke der Kinder zum Verkauf ausstellt. Ebenfalls können die Kinder an Tafeln aufzeigen, welche Bücher sie gerade am Lesen sind. Ziel: Die Eltern sollen Einsicht in den Schulalltag der Kinder bekommen.

Es wird geschaut welche Fähigkeiten und Talente bei den Eltern oder den Bewohnern im Dorf vorhanden sind. Diese werden wöchentlich in die Schule eingeladen um ihr Handwerk weiterzugeben. (Töpfern, Flechten, Musizieren, Tänze usw.)

Auch die Bildung der Eltern und ihr Umgang mit den Kindern ist der Schule wichtig. Die AVS organisiert regelmässige Elternabende, an welchen diverse Themen wie zum Beispiel gesunde Ernährung, Aufklärung, Menstruation, Recycling und vieles mehr thematisiert wird.

Trotz wenig Zukunftsperspektiven wirken die Kinder auf den Bildern glücklich und ausgelassen. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass sie aus den ärmsten Familien in der Umgebung kommen. Die meisten Kinder sind Teil einer „Bauernfamilie“, die jeden Tag von der Hand in den Mund leben. Sie schlafen teilweise auf dem Betonboden und besitzen, wenn sie Glück haben, nebst der Schuluniform noch ein weiteres Outfit. Viele Kinder müssen zu Hause arbeiten, wenn sie nicht zur Schule gehen.

Um es mit Madhan Mohan, dem Projektleiter, zu sagen:

„Das grösste Glück auf Erden besteht darin, andere glücklich zu machen“

Eines meiner Highlights war, dass wir zusammen mit den Kindern unseren eigenen Baum pflanzen durften. Dies hat mich sehr berührt und zeigt wie willkommen wir sind. Ich fühle mich verbunden und kann es kaum erwarten, die strahlenden Gesichter wiederzusehen.

Die Erlebnisse an der Arunachala Village School waren unglaublich eindrücklich und sinnerfüllend für mich. Das ganze AVS Team leistet solch tolle Arbeit und Projekte. Ich werde diese mit grossem Interesse weiterhin verfolgen und unterstützen.

Ich möchte dem ganzem AVS – Team danken, für die Arbeit die geleistet wird und dass wir einen solch berührenden Einblick erhalten durften.

DANKE

Roberta Käslin

02/02/2023 – 11/02/2023 – Schulischer Alltag an der AVS

Happy Birthday – „Res uncle“

Obwohl ich deutlich gemacht hatte, dass mein Geburtstag, wenn überhaupt, nur im kleinen Rahmen gefeiert werden solle, lief es sehr nach dem Motto “indisches Grossfest” ab! Die Vorfahrt zum Schulhaus war mit personifizierten Mandalas geschmückt, ich wurde mit Blumenkordeln und Kopfschmuck verziert und ein Happy Birthday Chorgesang rundete die Ankunft ab. In der Folge ging ein wahrer Geschenklimaraton ab. Die Kinder und Lehrerinnen kamen im Minutentakt vorbei und überbrachten Gratulationen und meist selber gemachte Geschenke. Am Schluss waren es 67, dem Alter des Schreibenden entsprechend! Giri meinte schelmisch, du sagtest ja “kleiner Rahmen”, es hätten auch 100 sein können.

Annual Day 2023

Heute wird der Jahrestag der Schule gefeiert. Den Eltern, Besucherinnen und Gästen wird gezeigt, was man im vergangenen Jahr gelernt hat. Tanz, Musik und Theaterszenen wechseln sich ab. In den Szenen sind auch Weiterbildung und Aufklärung für die Eltern eingebaut. Abfall-, Wasserschutz-, Umwelt-, Gesundheits-, und Familienthemen werden angesprochen.

Im Anschluss an die Feierlichkeiten fand hinter dem Schulhaus, wie immer, ein Foodfestival statt. Die Eltern brachten kleine Streetfood Speisen und Snacks mit, die für wenige Rupien angeboten wurden. Wir “mussten” bei allen Ständen probieren und es wurden hunderte von Selfies geschossen. Die Stimmung war ausgelassen und unsere Bäuche spannten leicht!

Ein ruhiger Tag

Nach dem sehr langen und anstrengenden Jahrestag war am Samstag nur Ausruhen und Aufräumen angesagt. Moritz und seine Freunde sind um Mitternacht Richtung Kerala abgefahren. Mit einem Fahrer erkunden sie den Periyar Nationalpark, die Bergregion um Munnar mit den zahlreichen Teeplantagen und auf einem Hausboot die Backwaters im Hinterland der Malabarküste.

Function for the new baby

Der Tag beginnt ruhig, wandelt sich aber unverhofft zu einem bewegenden Erlebnis. Ein junger Mann aus dem Bibliotheks-Team hat alle Mitarbeitenden von Regenboog und AVS zu einer Function anlässlich der bevorstehenden Geburt seines ersten Kindes eingeladen.

Unter einem farbigen Stoffdach bilden sich Männer- und Frauengruppen und schwatzen angeregt. Neben dem Haus wird in riesigen Töpfen (ca. 80 cm) gekocht, es raucht, dampft und riecht wunderbar. Auf dem Boden werden über 20 Schalen mit Speisen und Früchten für die Götter ausgelegt, ebenso die Utensilien für die Feuerzeremonie. Der Mann und die schwangere Frau sind festlich gekeidet und segnet und ehrt die Eltern und Verwandten durch das Berühren der Füsse. Alle Verwandten ehren das Paar und das Baby im Bauch nacheinander mit einer Feuerzermonie. Das Paar wünscht sich auch von mir gesegnet zu werden! Ich bin etwas überrumpelt, habe zum Glück jedoch über 20 mal genau zugeschaut. Mit den besten Wünschen für die Geburt und das Baby verabschieden wir uns nach einem feinen Essen – natürlich am Boden, mit den Fingern und von einem Bananenblatt.

Normaler Schultag

Der Unterricht hat seinen Alltagsrhythmus wieder gefunden. Der Schulgarten braucht etwas Pflege und die Pflanzen müssen ab jetzt täglich gewässert werden, denn es wird von Tag zu Tag heisser. Bald erreichen die Tagespitzen 40° und mehr.

Der Schultag beginnt mit dem Morgengebet, dem Verlesen der Schlagzeilen, den Tagesinformationen zum Schulbetrieb und dem Geburtstagslied und Pflanzen eines Baumsetzlings auf dem Schulgelände laut AVS Geburtstagskalender.

Heute bin schon sehr früh unterwegs und treffe in der Schule die Frühaufsteherin Ramya, die grossartige neue Managerin (Präsidentin) der AVS, am Vorbereiten einer Sitzung. Madhan darf per Gesetz nicht gleichzeitig Aufsichtsrat und Präsident sein.

Die guten Seelen der AVS, die Caretakerinnen sind auch schon unterwegs. Sie wischen die trockenen Blätter zusammen, welche die Bäume zum Schutz ab jetzt den ganzen Sommer durch fallenlassen. Ich erlebe die allmorgendliche Räucherzeremonie der Räume und Personen, bei der auch Ramya und ihre frisch gewaschenen Haare traditionellerweise eingeräuchert.

Einladung zum Teamlunch

Beni und Renate, ehemalige Lehrkräfte, Volonäre und GönnerInnen, haben dem ganzen Team ein Mittagessen spendiert. Eine Hotelküche hat das reichhaltige Menu geliefert. Normalerweise nehmen alle Mitarbeitenden an der Schule ihr Mittagessen in Chromstahlgefässen von zuhause mit, meistens Reis mit etwas Sambar, Chutney und Gemüse. Heute gab es eine grosse Auswahl an Speisen mit Gemüse und zusätzlich auch verschiedene Fleischgerichte mit sehr leckeren Chutneys. Das Team war begeistert und freute sich auch am feinen Dessert, ein saftiger, süsser, zweistöckiger Kuchen.

Reparatur des Fernrohrs

Das gute Fernrohr aus japanischer Produktion kann nicht mehr fokussiert werden. Ein Feingewinde am Einstelltubus ist ausgerissen, jemand hat eher zu kräftig scharf gestellt… Alle versuchen es mit viel Kraft wieder zu flicken. Das ist heikel und ich bitte sie, es besser zu lassen. I’ll take care of it.

Ich besorge bei Giri die entsprechenden Mikroschraubenzieher und demontiere den hinteren Teil sorgfältig. Eine Drehbank und ein 30mm Feingewindeschneider sind leider vor Ort nicht aufzutreiben. Da ich bei unlösbaren Fällen schon oft eine Lösung gefunden habe, traue ich mir eine indische High-End-Bastelei zu. Mit Aruls Hilfe bauen wir einen Winkelschleifer zu einem Feinschliff-Arbeitsplatz um, kürzen den Tubus vorne und hinten und nehmen vom Gewinde etwas weg. Jetzt noch alles entfetten, feinschleifen, reinigen, neu fetten und zusammenbauen. Das Mehrnationenprojekt hat sein Versprechen gehalten und die Vögel- und Sternguckerinnen sind wieder glücklich.

Bye-bye India

Um 01.30 Uhr am Sonntagmorgen, 12. Feb. 2023 fliege ich von Chennai wieder Richtung Schweiz. Den Samstag geniesse ich nochmals in vollen Zügen. Ich besuche den Kindergarten, alle Klassen, die ganze Belegschaft und verabschiede mich. Von den Lehrpersonen mache ich noch einige neue Portraitfotos, nach anfänglicher Zurückhaltung sind sie plötzlich sehr begeistert. Bei der Reparatur der Wasserpumpe kann ich nicht mithelfen, aber wenigstens beratend mitschwatzen. Es pumpt
wieder, zum Glück kein grösserer Schaden.


Liebe AVS Familie, liebe Freundinnen und Freunde, es war grossartig hier zu sein.
Herzlichen Dank für die wunderbaren Erlebnisse mit euch.
Bis bald

„Res uncle“